Das Erwachen des Abendlandes

Die Epoche des frühchristlichen Abendlandes ist nur schwer zu erfassen. Obwohl es sich um einen Zeitraum von fast 1000 Jahren handelt, liegen die Anfänge in der hellenistisch geprägten Antike und gehen dann nahtlos über in die bekannten Stilrichtungen der byzantinischen, islamischen oder romanischen Kunst. In einer Zeit des Niedergangs des römischen Reiches sind die christlichen Zentren der Klöster und Bischofskirche oft die einzigen kulturellen Zentren, die das Erbe der Antike in der Zeit der Völkerwanderung weitertragen. Fast wäre das ganze Erbe der antiken Kultur verloren gegangen und es waren Mönche aus der Wüste oder am Rande der damals bekannten Welt, wie auf der grünen Insel Irland, die das kulturelle Erbe bewahrt und in der christlichen Mission Europas wieder auf den Kontinent zurück gebracht haben.

Im Osten des Mittelmeerraumes waren es die aus dem römischen Erbe hervorgegangenen Reiche der Byzantiner oder des Islams, die das antike Erbe aufgegriffen und modifiziert haben und auch im Westen des Mittelmeerraumes einbringen wollten. nur das neu entstehende Frankenreich führte zu einer eigenständigen Synthese, die noch stark von der byzantinischen Kunst beeinflusst war. Überhaupt setzte hier im Norden die Entwicklung viel später ein, so dass ich auch hier von frühchristlicher Kunst reden möchte, bevor man überhaupt von mittelalterlicher Kunst reden kann. Die Pfalzkapelle in Aachen erinnert noch stark an die Vorbilder der Palastarchitektur der Epoche und weist der späteren mittelalterlichen Architektur den Weg.

Als Motor der Entwicklung kann auch das aufstrebende Mönchtum gesehen werden. Die Mönche am Bodensee, die aus der iroschottischen Mission hervorgegangen waren, karolingische Reichsklöster wie Luxeuil, Lorsch oder Ellwangen, oder frühe Urkirchen im fränkischen Raum sind der Startpunkt späterer Entwicklungen. Leider finden sich nur noch wenige frühe Reste dieser Epoche, die nicht zerstört oder durch spätere Um- und Anbauten verloren gegangen sind.